Die Vorherrschaft der Drohnen
Drohnen sind nicht mehr nur fliegende Sensoren: In koordinierten Schwärmen, als «loyale Flügelmänner» bemannter Flugzeuge oder in vollständig autonomen Missionen werden sie zum Schlüsselfaktor für die Überlegenheit. Flugzeiten von mehr als 24 Stunden, integrierte KI, Tarnkappentechnologie, Zielbestimmung und Fernangriffe: Die Kombination aus Sensoren und Wirkung revolutioniert Doktrinen und Entwicklungsketten.
Der Aufstieg der Drohnen führt zu einer technischen Gegenbewegung: der Drohnenabwehr (Erkennung, Störung, Laser, Kinetik). Für die Schweizer Industrie geht es dabei um zwei Dinge: die Entwicklung technologischer Bausteine (Sensoren, Algorithmen, Kommunikation, Energie) und die Integration von Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards, die für Mensch-Maschine-Systeme der neuen Generation spezifisch sind.
Auf dem Weg zur taktischen Autonomie
Plattformen wie Avenger, Bayraktar TB2 oder Sukhoï S-70 Okhotnik-B verdeutlichen den Wandel. Was zählt, sind längere Flugdauer, Präzisionsschlagkraft und vernetzte Operationen. Das Konzept des «loyalen Flügelmanns» setzt sich durch: Drohnen begleiten Kampfflugzeuge, teilen sich die Missionslast und überfordern die Verteidigung. In den Vereinigten Staaten wurden zwei unbemannte Flugzeuge sogar als Kampfflugzeuge klassifiziert (YFQ-42A und YFQ-44A), ein deutliches Zeichen für eine selbstbewusste Mensch-Maschine-Doktrin. Für Ingenieure bedeutet dies dezentrale Architekturen, ausfallsichere Kommunikation, kollaborative Steuerung und Validierung der KI in umkämpften Umgebungen.
Der wiederverwendbare Orbital-Demonstrator X-37B
Als robotergesteuertes Mini-Shuttle führt die X-37B lange Weltraummissionen durch, landet selbstständig auf einer Landebahn und dient als Testplattform für Materialien, Manöver und sensible Nutzlasten. Über seine Symbolkraft hinaus ist er ein Vorbote reaktionsfähiger, autonomer und schwer abzufangender Orbital-Systeme. Aus Tests entwickeln sich Schritt für Schritt strategische Fähigkeiten. Für die Industrie ist die X-37B ein Lehrbuchbeispiel für Wiederverwendbarkeit, thermische/strukturelle Integration und autonome Operationen in verschiedenen Umlaufbahnen.
F-47: Überlegenheit der sechsten Generation
Die F-47 ist als Nachfolgerin des F-22-Kampfjets geplant. Das Flugzeug soll auch unbemannt eingesetzt werden können und fortschrittliche Tarnkappentechnologie, grosse Reichweite, Mensch-Maschine-Interoperabilität und gerichtete Energiewaffen vereinen. Das politische und industrielle Signal ist klar: Die Führungsposition im Luft- und Raumfahrtwettbewerb behalten und gleichzeitig eine industrielle Basis rund um verteilte Sensoren, missionsorientierte Cockpits und eine «Kampf-Cloud» aufbauen. Im Bereich Forschung und Entwicklung bedeutet dies Wertschöpfungsketten, in denen missionsorientierte KI, integrierte Datenverarbeitung und sichere Datenverbindungen eine zentrale Rolle spielen
Konvergenz von Luftraum und Cyberspace
Überlegenheit wird nicht mehr auf einer einzelnen Ebene erreicht, sondern auf einem operativen Kontinuum von der unteren Atmosphäre bis zur Erdumlaufbahn. Drohnen, Kampfflugzeuge der sechsten Generation und wiederverwendbare Raumfahrzeuge fügen sich in interoperable, widerstandsfähige und reaktionsschnelle Architekturen ein.
Das Engineering zielt auf die Konvergenz der Systeme: heterogene Sensoren, Multi-Link-Kommunikation, Zeitsynchronisation, Cybersicherheit by Design und Betriebssicherheit von Algorithmen. Für die Schweiz bedeutet das, Auswirkungen zu antizipieren, zu kooperieren, ohne sich anzupassen, und in Dual-Use-Bausteine zu investieren, in denen sie sich auszeichnet (Mikrotechnik, Optoelektronik, Kommunikationssicherheit, Materialien). 
Beitrag von: Roland J. Keller
 
 
