Medizin der Zukunft im Mittelpunkt der Tage der Technik
Von massgeschneiderten Krebstherapien über digitale Vorsorgeangebote bis hin zu textilen Wearables – an den Tagen der Technik 2025 zeigten Forschende und Unternehmen, wie die Medizin immer stärker auf den einzelnen Menschen zugeschnitten wird.
Eine Medizin, die auf jeden Patienten massgeschneidert ist: Was sich anhört wie Science-Fiction, wird Realität.. Die Präzisionsmedizin stand im Mittelpunkt der Tage der Technik 2025, die am 25. September unter dem Motto «Future Health» in der Empa-Akademie in Dübendorf stattfanden. Rund 150 Interessierte waren gekommen, um den Referaten der Expertinnen und Experten zuzuhören.
Im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Bernd Wollscheid (ETH Zürich) stand die individualisierte Krebstherapie. Nicht alle Krebsmedikamente wirken bei allen Menschen gleich. In seiner Präsentation zeigte der ETH-Professor auf, mit welchen neuen Technologien und Methoden Diagnosen individueller und genauer gestellt werden können. Eine präzise Profilierung von Tumoren ermöglicht eine individuellere Auswahl von Therapiemethoden und Medikamentenkombinationen und steigert so die Heilungs- und Überlebenschancen von Krebspatienten.
Digitalisierung geht zu langsam
Wollscheid wies auf die Bedeutung der Digitalisierung für den medizinischen Fortschritt hin. Diese sollte seiner Ansicht nach schneller vorangetrieben werden. Patientendaten in aggregierter Form stünden den Forschenden noch nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Die meisten Menschen besässen bisher nicht einmal ein elektronisches Patientendossier. Leider seien sie zögerlich, ihre Daten zur Verfügung zu stellen. «Die meisten sind dazu erst bereit, wenn sie krank sind», so Wollscheid.
Empa-Forscher Dr. Simon Annaheim präsentierte neue Entwicklungen bei textilbasierten Wearables, die Körperfunktionen kontinuierlich und komfortabel überwachen können. Leitfähige Fasern und integrierte Sensoren ermöglichen Messungen von Herz- und Atemfunktionen, Blutdruck, Temperatur oder Sauerstoffsättigung – bis hin zur Analyse von Schweiss und Wundheilung. Die Anwendungsfelder reichen von postoperativer Überwachung und dem Erkennen einer Blutvergiftung bis zum Schlaf- und Neugeborenenmonitoring. Neben Chancen wie hohem Tragekomfort und Integration in Alltagskleidung stehen technische Herausforderungen wie Robustheit und Messgenauigkeit.
Kosten für die Vorsorge senken
Anna Rosenkranz, Mitgründerin und CEO von Health Yourself, zeigte, wie digitale Labortests von zuhause die Nutzung von Vorsorgeleistungen erleichtern und Kosten senken können. Das Start-up ergänzt mit Testkits für zuhause die klassischen Modelle. Die Anwendungsfelder reichen von Sexual- und Nährstoffgesundheit über Allergien bis hin zur Prävention. Viele Menschen lassen eigentlich sinnvolle Vorsorgeuntersuchungen wegen der damit verbundenen Kosten und Mühen aus. Health Yourself will deshalb Unternehmen als Partner gewinnen, die ihren Mitarbeitenden kostenlose Check-ups zuhause anbieten.
Dr. Alexander Huber (Lonza), erklärte in seiner Präsentation, wie Zell- und Gentherapien neue Perspektiven in der personalisierten Medizin eröffnen. Am Beispiel der CAR-T-Therapie wird deutlich, dass Patienten, für die es keine Behandlungsoptionen mehr gibt, dadurch Heilungschancen erhalten. Bei diesem Ansatz werden körpereigene Zellen genetisch umprogrammiert und gegen Krebszellen wirksam gemacht. Neben Erfolgen betonte Huber auch Herausforderungen, die noch bestehen: «Es ist teuer und es ist wahnsinnig schwierig zu machen.» Langfristig sieht Huber jedoch grosses Potenzial für Effizienzgewinne und Einsparungen im Gesundheitssystem.
Auch Ernährung sollte massgeschneidert sein
Dr. Jörg Hager (Nestlé Research) zeigte anhand zweier Beispiele, wie personalisierte Ernährung zur Vorbeugung von Alterserkrankungen beitragen kann: Bioaktive Moleküle wie Oleuropein und Quercetin können die Zellfunktion und letztlich beispielsweise die Mobilität im Alter unterstützen. Das zweite Beispiel dreht sich um die Vitaminzufuhr: Nicht nur die Ernährung bestimmt die Konzentration von Vitamin B12 im Blut, sondern auch genetische Faktoren. Hager plädierte deshalb für individuell zugeschnittene Ernährung und Supplementierung statt allgemeingültiger Richtwerte.
Seit 20 Jahren organisiert der Berufsverband der Ingenieur:innen und Architekt:innen Swiss Engineering die Veranstaltungsreihe «Tage der Technik» gemeinsam mit der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW, der Empa und dem Verband der Schweizer Tech-Industrie Swissmem. Die Veranstaltungen greifen aktuelle Themen aus der Welt der Technik auf und stellen diese im Zusammenhang von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft zur Diskussion.
Zweite Veranstaltung am 30. September in Lausanne
Die Westschweizer Ausgabe der Tage der Technik findet am Dienstag, 30. September, in Lausanne statt. Es sind noch einige Plätze frei, die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Infos und Anmeldung unter http://www.journees-de-la-technique.ch.
Beitrag von: Hendrik Thielemann
Bildquelle: A. Mutti / H. Thielemann