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Klimadruck als Wettbewerbschance

Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften hat ihren Technology Outlook 2025 vorgestellt. Die Studie versteht sich als Kompass für die Technologiepolitik und identifiziert Schwächen bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktreife Produkte und Anwendungen.

Goldrecycling aus Elektroschrott (Symbolbild): Die Kreislaufwirtschaft steht im Mittelpunkt der SATW-Studie zu wichtigen Zukunftstechnologien. | © Shutterstock
Goldrecycling aus Elektroschrott (Symbolbild): Die Kreislaufwirtschaft steht im Mittelpunkt der SATW-Studie zu wichtigen Zukunftstechnologien.

Der Technology Outlook 2025, den die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) Ende September vorgestellt hat, verschiebt den Fokus gegenüber früheren Ausgaben der Studie: Der Blick in die Zukunft richtet sich nicht mehr auf die inzwischen marktreifen Digitalisierungstechnologien, sondern auf andere Technologiekomplexe, in denen Investitionen mittelfristig grossen Nutzen versprechen: Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Fertigung, neue Materialien und Deep-Tech-Innovationen.

 

Der Technology Outlook ist die einzige nationale Foresight-Studie, die den technologischen Horizont spezifisch für die Schweiz beschreibt. Rund 150 Interviews mit Expertinnen und Experten aus Forschung, Industrie und Verwaltung bilden die Grundlage. Bewertet werden der technologische Reifegrad und das volkswirtschaftliche Potenzial im Inland. 

 

Die SATW-Studie versteht sich nicht als Rangliste, sondern als Orientierung für politische und wirtschaftliche Entscheider. «Der Outlook ist der Reiseführer durch die Technologielandschaft der Schweiz. Er zeigt, wie Unternehmen ihre Versorgungssicherheit erhöhen, innovative Geschäftsmodelle aufbauen und Nachhaltigkeit fest im Alltag verankern können», sagt Claudia Schärer, Projektleiterin Technology Outlook, SATW.

«Der Outlook ist der Reiseführer durch die Technologielandschaft der Schweiz.» Claudia Schärer, SATW

Die 31 im Outlook untersuchten Technologiefelder zeigen dann auch eine klare Schwerpunktverschiebung. Im Vordergrund stehen nun das Schliessen von Stoffkreisläufen, die Optimierung von Energieflüssen und die Schonung von Ressourcen. Dabei wird Nachhaltigkeit nicht als moralischer Anspruch verstanden, sondern als Wirtschaftsfaktor und Wettbewerbschance. Die SATW beschreibt diesen Wandel nicht als Abkehr von der Digitalisierung, sondern als nächste Entwicklungsstufe – die Integration digitaler Werkzeuge in nachhaltige industrielle Systeme.

 

Die SATW identifiziert verschiedene Technologien, die den Übergang zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft unterstützen könnten. Dazu zählen Kunststoffrecycling, die Herstellung von Bioplastik aus Abfall, CO₂-basierte Kunststoffe, künstliche Photosynthese, Phosphorrecycling und Synfuels. Diese Bereiche sind technisch anspruchsvoll, erfordern Investitionen in Prozesse und Anlagen und stehen in engem Zusammenhang mit der Energie- und Klimapolitik. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Material- und Fertigungstechnologien. Dazu zählen Katalyseverfahren, nachhaltige Kleb- und Dichtstoffe sowie neue Materialsysteme für die Energie- und Bauwirtschaft. Diese Querschnittstechnologien wirken in vielen Branchen gleichzeitig und können die Ressourceneffizienz deutlich steigern.

Deep Tech als Hoffnungsträger

Daneben betont die SATW im Technology Outlook 2025 die Rolle von Deep-Tech-Feldern, die zwar noch weit vom Massenmarkt entfernt sind, aber grundlegende Fortschritte versprechen. Dazu gehören photonische integrierte Schaltkreise (PICs), die Daten mit Licht statt mit Elektronen übertragen und somit energieeffizienter arbeiten, sowie die Bakteriophagen-Therapie als Alternative zu Antibiotika.

 

Die Studie untermauert ihre Ergebnisse mit sogenannten Showcases, die aufzeigen sollen, dass Nachhaltigkeitsthemen zunehmend marktnah werden. Ein Beispiel hierfür ist die Gewinnung von Edelmetallen aus Elektronikschrott mit Molke, einem Abfallprodukt der Milchindustrie. Dieses «alchimistische Kunststück» ist Forschenden der ETH Zürich gelungen. Das Start-up DePoly, ein Spin-off der EPFL in Lausanne, versucht, gemischte Kunststoffe chemisch zu zerlegen und als Rohstoff wiederzuverwenden. Ein weiteres Beispiel ist die BloqSens AG, die einen digitalen Batteriepass entwickelt hat, der die Herkunft und Nutzung von Batterien transparent macht. Die Showcases sollen zeigen, wie Forschungsresultate in marktfähige Anwendungen überführt werden können – ein Prozess, den die SATW als zentrales Nadelöhr der Schweizer Innovationslandschaft bezeichnet.

Stark in der Forschung – schwach in der Umsetzung

Die SATW-Studie hebt hervor, dass technologische Exzellenz allein nicht genügt. Entscheidend sei die Fähigkeit, aus Forschung marktfähige Anwendungen zu entwickeln. Die Schweiz verfüge zwar über eine starke Forschungstradition, bei der industriellen Umsetzung und Kommerzialisierung von Innovationen bestehe jedoch Nachholbedarf. Das gelte bei chemischem Recycling und synthetischen Rohstoffen ebenso wie im Maschinen- und Anlagenbau, wie die SATW Potenzial sieht, Nachhaltigkeitsziele mit exportfähigen Spitzentechnologien zu erreichen. Beide Bereiche stehen exemplarisch für die Schweizer Stärke in Forschung und Spezialisierung, zugleich aber auch für strukturelle Schwächen bei der industriellen Skalierung und beim Zugang zu Kapital.

 

Der Technology Outlook kommt zum Ergebnis, dass die Schweiz ihre technologische Zukunft weniger durch Volumen als durch Spezialisierung sichern kann. Forschungskompetenz, Qualitätsproduktion und interdisziplinäre Zusammenarbeit bleiben dabei zentrale Faktoren. Die starke Betonung von Nachhaltigkeit sei nicht in erster Linie ein normatives Programm, sondern Ausdruck einer industriepolitischen Notwendigkeit: Wer früh in ressourcenschonende Technologien investiere, reduziere Abhängigkeiten und schaffe Wettbewerbsvorteile. Laut der SATW ist dieser Weg nicht nur ökologisch, sondern auch geopolitisch relevant, da eine resiliente, ressourceneffiziente Industrie die Abhängigkeit von globalen Lieferketten verringert. Ob Kreislaufchemie, Photonik oder Bioengineering: Am Ende entscheidet die Geschwindigkeit, mit der Forschungsergebnisse in marktfähige Prozesse überführt werden. 

 

technology-outlook.satw.ch

Zürich 10.12.2025
Beitrag von: Hendrik Thielemann
Bildquelle: Shutterstock

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