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KI macht Schrott zum Wertstoff

In der Schweiz fallen jährlich fast zwei Millionen Tonnen Metallschrott an. Doch viel davon wird nur unzureichend sortiert und endet oft als Baumaterial. Zwei Studien der Hochschule Luzern zeigen nun, wie sich dieses «Downcycling» vermeiden lässt und wie aus Schrott wieder hochwertiges Metall wird.

Simon Züst beschäftigt sich an der Hochschule Luzern mit dem Gesamtsystem des Metallrecyclings. | © HSLU
Simon Züst beschäftigt sich an der Hochschule Luzern mit dem Gesamtsystem des Metallrecyclings.

Bis zu 95 Prozent des Metallschrotts in der Schweiz landen in Recyclinganlagen. Klingt gut, ist es aber nicht unbedingt. «Die Rücklaufquote allein sagt nichts über die Qualität der Wiederverwertung aus», sagt Prof. Dr. Simon Züst, Forschungsgruppenleiter zweier Studien zum Thema an der Hochschule Luzern (HSLU). Zwar wird der Schrott weiterverarbeitet, kann aber wegen Verunreinigungen – etwa durch Kupfer aus Kabeln oder Zinn aus Dosenbeschichtungen – nicht mehr für hochwertige Anwendungen genutzt werden.

 

Ein Beispiel: Kupfer im Stahlschrott lässt sich beim Einschmelzen nicht mehr entfernen. Selbst kleinste Mengen beeinträchtigen die Materialeigenschaften wie Verformbarkeit und Schweisseignung. Der so entstandene Recyclingstahl taugt dann nicht mehr für sicherheitsrelevante Bauteile im Fahrzeugbau oder für präzise Maschinenkomponenten. Stattdessen landet er im Tiefbau, etwa als Stahlverstärkung (Bewehrung) in Beton, wo geringere Ansprüche an Qualität und Reinheit gelten.

 

Dieses sogenannte Downcycling ist nicht nur wirtschaftlich unattraktiv, sondern auch strategisch problematisch: Die Schweiz verfügt über keine wirtschaftlich nutzbaren Erzvorkommen. «Jede Tonne, die hochwertig recycelt wird, stärkt unsere Unabhängigkeit von Importen», betont Züst. Ein in handels- und wirtschaftspolitisch instabilen Zeiten besonders relevanter Faktor. 

Sensoren entlarven Metallschrott schon vor der Verarbeitung

Im Projekt ReRe Kreislaufwirtschaft für Metalle untersuchte die Forschungsgruppe unter anderem, welche Rolle intelligente Sensoren in Kombination mit selbstlernender KI bereits bei der Anlieferung an Sammelstellen spielen können, wenn es um Erkennung der stofflichen Zusammensetzung von Metallschrott geht. Sie können kritische Bestandteile wie Akkus oder Druckbehälter identifizieren und ermöglichen so eine präzise und sichere Sortierung.

 

Das steigert nicht nur die Effizienz des Recyclings, sondern auch den ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen: Wenn künftig nur 15 Prozent des rückgeführten Metallschrotts hochwertiger recycelt würden, könnten laut Züst jährlich bis zu 36'000 Tonnen CO₂ eingespart und ein Mehrwert von etwa 30 Millionen Franken im Jahr generiert werden. Auch bei anderen Metallen wie Aluminium, Zink oder Kupfer ist der Effekt laut der «International Copper Association (2022)» gross: Sauber rezykliertes Kupfer etwa behält rund 95 Prozent seines Materialwerts, da es nahezu verlustfrei wiederverwendbar ist. Aktuell wird erst etwa die Hälfte des europäischen Kupferbedarfs aus Recycling gewonnen. Da ist also noch Luft nach oben. 

Systemische Ansätze: Kreisläufe besser denken

Im zweiten, von Innosuisse geförderte Projekt REINVENT wurde das Gesamtsystem des Metallrecyclings unter die Lupe genommen: Von den Materialflüssen über die Akteure bis hin zu den Geschäftsmodellen. Ziel der Studie war es, eine Grundlage zu schaffen für eine vernetzte, zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft für Metalle in der Schweiz.

 

Neben technologischen Innovationen sind verbindliche Qualitätsstandards, verlässliche Daten zur Rückverfolgbarkeit und wirtschaftliche Anreize für Unternehmen erforderlich, bei denen Metalle verarbeitet werden, Schrott anfällt oder die in der Sammellogistik und Verarbeitung tätig sind. Entscheidend ist beispielsweise das Verständnis der Recycler für den Mehrwert sauberen Recyclings. Nur wenn dieser erkannt wird, steigen Bereitschaft und Motivation, in entsprechende Massnahmen wie optimierte Sortierprozesse zu investieren. Auch Bonusmodelle für besonders nachhaltige Praktiken sind denkbar. Züst zeigt sich zuversichtlich: «Die Branche ist offen und innovationsbereit.»

Zürich 17.09.2025
Bildquelle: HSLU

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