Fahrerlos unterwegs im Schritttempo
Studierende des ETH-Fokusprojekts AutoBike entwickeln ein autonomes E-Bike. Das Velo soll selbstständig dorthin fahren können, wo es gebraucht wird. Swiss Engineering ist Medienpartner des Projekts.
Bike-Sharing ist praktisch – solange an der gewünschten Station ein Fahrrad bereitsteht. Doch oft herrscht ein Ungleichgewicht: Manche Stationen sind leer, andere überfüllt. Studierende der ETH Zürich wollen dieses Problem nun lösen. In ihrem Fokusprojekt AutoBike entwickeln sie ein E-Bike, das sich autonom dorthin bewegt, wo es gebraucht wird. «Das grosse Problem bei Systemen wie PubliBike ist die ungleiche Verteilung der Fahrräder», erklärt Leo Brömme, einer der zehn Studierenden im Team. Brömme gibt ein Beispiel: «Morgens fahren viele auf den ETH-Campus Hönggerberg, abends wieder hinunter in die Stadt. Dann sind oben die Stationen leer, unten überfüllt. Das frustriert die Nutzerinnen und Nutzer.»
Das Team will deshalb ein Fahrrad bauen, das autonom und sicher von einer Station zur nächsten fahren kann – allerdings nur dann, wenn niemand darauf sitzt. Während der Nutzung verhält es sich wie ein ganz normales E‑Bike. Das AutoBike soll höchstens mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sein – rund fünf Kilometer pro Stunde – und dabei ausschliesslich sichere Wege nutzen. Für die Demonstration im Mai 2026 ist eine kurze, aber anspruchsvolle Strecke geplant. «Das Fahrrad soll autonom von der PubliBike-Station beim ETH-Hauptgebäude in Zürich über die Polyterrasse bis zur nächsten Station zwischen der UZH und der ETH fahren», erklärt Leo Brömme. Auf dieser Route muss das Fahrrad sich selbstständig in den Verkehr einfädeln, Fussgänger erkennen, Hindernissen ausweichen und einparken. «Wenn wir das schaffen, haben wir bewiesen, dass ein autonomes Fahrrad technisch machbar ist», erklärt Teammitglied Daniel Lagnaux.
So wenig Technik wie möglich
Das Vorhaben ist anspruchsvoll: Das Fahrrad muss einerseits autonom fahren können, andererseits ein normales E-Bike bleiben, das sich für den Menschen natürlich anfühlt. «Das bedeutet, es braucht Antriebe und Aktoren, die Lenken und Bremsen übernehmen können – aber nur, wenn niemand fährt», erklärt Brömme. Im autonomen Betrieb wird sich das Fahrrad nicht balancieren, es wird mit ausklappbaren Stützrädern stabilisiert.
Eine weitere Herausforderung liegt darin, die notwendige Sensorik auf einem Fahrrad unterzubringen. Anders als ein autonomes Auto kann das AutoBike nicht mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet werden. Es muss mit minimaler Technik zuverlässig navigieren.
Praxiserfahrung und Teamwork
Das Projekt AutoBike ist Teil des Fokusprogramms der ETH Zürich, bei dem Studierende ein Jahr lang ein reales Ingenieursprojekt von der Idee bis zum Prototyp umsetzen. Betreut wird das Team vom Autonomous Systems Lab unter der Leitung von Prof. Roland Siegwart. «Wir lernen hier nicht nur, technische Probleme zu lösen, sondern auch im Team zu arbeiten, zu planen und mit Partnern aus der Industrie zusammenzuarbeiten», sagt Daniel Lagnaux. «Das ist echte Ingenieurspraxis – und das macht das Projekt für uns so spannend.»
Auch die Suche nach Sponsoren ist Teil des Projekts. Erste Partner sind bereits gefunden, darunter PubliBike. «Das Interesse aus der Praxis zeigt uns, dass wir ein echtes Problem adressieren», so Leo Brömme.
Swiss Engineering unterstützt das ETH-Fokusprojekt AutoBike als Medienpartner. Damit fördert der Berufsverband den Austausch zwischen Forschung, Praxis und Industrie – und bietet angehenden Ingenieurinnen und Ingenieuren eine Plattform, ihre Innovationen sichtbar zu machen.
Beitrag von: Hendrik Thielemann
Bildquelle: AutoBike