Bitcoin am Ende?
Kryptowährungen sind kein neues Thema. Schon oft wurde darüber in Zeitungen geschrieben, wissenschaftliche Forschung betrieben und vom grossen Zukunftspotenzial gesprochen. Dennoch haben sich die Digitalwährungen noch nicht in der breiten Masse durchsetzen können und haben noch immer mit einigen Problemen zu kämpfen. Vor ziemlich genau einem Jahr befand sich der Kurs von Bitcoin, der ersten und am weitesten verbreiteten Kryptowährung, auf einem Allzeithoch. Am 10.11.2021 erreichte der Kurs einen Wert von über 69’000 USD. Seither folgte der Kurs einem Abwärtstrend und ist heute nur noch circa 17’000 USD wert. Ein Verlust von 75 Prozent in einem Jahr. Autor: Tom Pichler, FAEL-Vorstandsmitglied
Wie funktionieren Kryptowährungen? – Alle Transaktionen, die mit Bitcoin bezahlt werden, werden in der Blockchain gespeichert. Die Blockchain kann als eine verteilte Datenbank mit Peer-to-Peer-Datenspeicherung gesehen werden. Jeder Bitcoin-Nutzer besitzt eine Bitcoin-Wallet. Darin gespeichert sind nicht die Coins selbst, sondern ein Private/Public Key Pair. Aus dem Public Key gewinnt man durch einen Hashalgorithmus seine 160 Bit lange Empfangsadresse. Um eine Transaktion auszuführen, teilt man dem Netzwerk mit, welchen Betrag man an welche Adresse senden will. Zusätzlich kann man eine Transaktionsgebühr mitsenden. Dabei werden Zahlungen mit höheren Transaktionsgebühren schneller bearbeitet.
Die Miner sind Personen oder Unternehmen, welche Rechenleistung zur Verfügung stellen, indem sie ein Kryptopuzzle lösen. Sie wählen, welche Transaktionen in einem Block zusammengefasst werden. Das Puzzle besteht darin, ein Hashalgorithmus auszuführen. Die Miner geben dem Algorithmus eine Nonce mit, welche den Output zufällig beeinflusst. Das Ziel ist, eine Nonce zu finden, welche einen Output mit einer Mindestzahl an Nullen am Anfang findet. Es ist unmöglich aus dem gewünschten Output einer Hashfunktion auf den Input zu schliessen. Weil die Zahlen des Outputs zufällige 0er und 1er sind, braucht es exponentiell mehr Versuche, je mehr führende Nullen es braucht. Wie viele Nullen das sein müssen, legt die Blockchain automatisch fest, so dass es im Schnitt zehn Minuten zur Erstellung eines neuen Blocks dauert (siehe Abb. 3 oder auch Polyscope 16/20).

Kryptowährungen in der momentanen Energiekriese
Die Strompreise steigen zurzeit weltweit und es wird wahrscheinlicher, dass der Strom im Winter in einigen Ländern knapp werden könnte. Gründe für den aktuellen Strommangel sind eine steigende Nachfrage nach Energie, vor allem seit die Wirtschaft nach den Coronaeinschränkungen wieder an Fahrt aufnimmt, zu kleine nationale Öl und Gasvorräte, die Abschaltung von fossilen Kraftwerken und Kernkraftwerken und unterbrochene Lieferketten, die auch auf den Ukraine-Konflikt zurückzuführen sind.
Ist es in Zeiten, wo die Energie bereits knapp ist, noch legitim, Kryptowährungen zu verwenden und zu schürfen? Bitcoin verwendet die Proof-of-Work-Methode. Das ist eine der sichersten Methoden, um eine stabile Blockchain zu erhalten, jedoch braucht sie enorm viel Rechenleistung und deshalb auch dementsprechend viel Energie. Allein Bitcoin, eine der fast 10’000 verschiedenen Kryptowährungen, verbraucht mit 125 TWh im Jahr 2021 etwa 0,6 Prozent des globalen Strombedarfs. Unglücklicherweise bringt das Lösen des Krypto-Puzzles für die Gesellschaft keinen Nutzen und die Rechenleistung wird abgesehen von der Sicherstellung der Blockchain verschwendet. Weil die Schwierigkeit des Mining Puzzles ansteigt und der Kurs relativ tief ist, ist Mining nur an Orten mit niedrigen Strompreisen profitabel und wäre in der Stadt Zürich ein Verlustgeschäft.
Proof-of-Work ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit eine Blockchain aufrechtzuerhalten. Ethereum, die zweitgrösste Digitalwährung an der Marktkapitalisierung gemessen, ist momentan daran, ihr System auf den Proof-of-Stake-Mechanismus zu wechseln. Dieser beruht nicht mehr auf Minern, die ein kryptografisches Puzzle lösen müssen, sondern auf Validatoren, die Ether staken. Das heisst, dass sie Währung in Smartcontracts deponieren. Wenn sie nicht im Sinne des Netzwerks handeln, können sie einen Teil der deponierten Ether und sogar bis zum gesamten deponierten Wert verlieren. Somit sollten Angreifer davon abgehalten werden, ungültige Transaktionen zu bestätigen. Das Problem des Energieverbrauchs ist durch diesen Mechanismus grösstenteils gelöst. Proof-of-Stake hat einen um 99,9 Prozent tieferen Verbrauch als Proof-of-Work.
Volatilität des Krypto-Markts
Die Digitalwährungen werden zunehmend auch als Zahlungsmittel akzeptiert. Bitcoin ist sogar seit dem 7. September 2021 ein offizielles Zahlungsmittel in El Salvador. Die zentralafrikanische Republik und Panama sollen demnächst folgen. Wie jedoch bereits erwähnt ist der Wert seit der Einführung in El Salvador von einem Allzeithoch tief gesunken. Dabei wurde auch viel Vermögen des bereits zuvor armen Landes zerstört. Nationalbanken haben keine Möglichkeiten, eine Preisstabilität für die internationale Währung ohne zentrales Steuerorgan zu erreichen, wie beispielsweise die Nationalbank in der Schweiz.
Viele Befürworter von Kryptowährungen sehen es als eine Stärke, dass diese nicht von einem einzelnen Organ beeinflusst werden kann. Jedoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Grossanleger und Kryptobörsen dennoch einen hohen Einfluss auf die Entwicklung des Bitcoin Kurs haben. Erst zuletzt, am 11. November 2022, ging die fünftgrösste Kryptobörse FTX in Konkurs. Es wurde mit Kundengeldern spekuliert und als der eigene Coin von der grössten Börse verbannt wurde, kam FTX in einen Liquiditätsengpass und zog den Bitcoin Kurs massiv nach unten (siehe Abb.1).

Fazit
Die Technologie hinter der Blockchain hat viel Potenzial in verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten. Jedoch sind die Kryptowährungen wegen ihrer hohen Volatilität immer noch eher für Spekulationen geeignet und nicht als tägliches Zahlungsmittel. Im Gartner Hype Cycle sind Kryptowährungen immerhin bereits hinter dem grössten Hype und sollten sich auf einem nützlichen Niveau einpendeln (siehe Abb. 2). Die Zukunft wird es zeigen.

Artikel ist erschienen im Polyscope 12/2022