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Wie Umrichter das Stromnetz stabilisieren

STZ, Juni 2022 - Für eine nachhaltige Energieversorgung wird in der Schweiz die Photovoltaik ausgebaut. Anders als herkömmliche Kraftwerke brauchen Solaranlagen für die Stromerzeugung keine Generatoren. Damit fehlen die rotierenden Massen, die in der bisherigen Stromversorgung das Netz stabilisieren. Eine Studie der ETH Zürich zeigt, wie die Problematik umgangen werden kann: mit dem netzunterstützenden Betrieb von Umrichtern.

Störungen unserer Stromversorgung sind selten. Zum Beispiel wenn ein Kraftwerk unerwartet ausfällt. Dann sinkt die Frequenz der Wechselstromversorgung unter 50 Hz, bis andere Kraftwerke den Ausfall kompensieren. Ein Anstieg der Frequenz hingegen ist zu beobachten, wenn beispielsweise ein grosser Strombezüger vom Netz abgeschnitten wird. Dann herrscht vorübergehend eine Stromüberproduktion – und die Netzfrequenz klettert über 50 Hz, bis die Kraftwerke ihre Produktion gedrosselt haben.

Die Stromversorgung ist so ausgelegt, dass Störungen in aller Regel innert Sekunden behoben werden: Dank der automatischen Anpassung der Kraftwerksleistung (genannt Regelreserve) wird das Gleichgewicht zwischen Produktion und Bezug schnell wiederhergestellt, die Netzfrequenz kehrt zum Sollwert von 50 Hz zurück. Zur Netzstabilität tragen hinreichend grosse Kraftwerkkapazitäten ebenso bei wie ein eng vermaschtes Netz. Eine wichtige Rolle spielt auch die Konstruktionsweise der Kraftwerke: Wasser-, Kern- oder Gaskraftwerke nutzen zur Stromerzeugung grosse Generatoren. Die rotierenden Metallelemente haben eine Schwungmasse, deren Trägheit das Stromnetz stabilisiert, indem sie allzu schnellen Frequenzänderungen entgegenwirkt. Darüber hinaus leisten die Wicklungen der Generatoren einen Beitrag zur Dämpfung von Frequenzschwingungen.

Wegfall von Schwungmasse gefährdet Netzstabilität
Mit dem geplanten Atomausstieg und dem Ausbau der Solarenergie wird der Anteil generatorgestützter Kraftwerke künftig zurückgehen. Netzexperten betrachten diese Entwicklung mit Sorge, denn Solaranlagen verfügen nicht über Generatoren mit netzstabilisierender Schwungmasse. Ihnen fehlt die Fähigkeit zur passiven Schwingungsdämpfung, und sie beteiligen sich meist nicht an der von der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid und den anderen europäischen Übertragungsnetzbetreibern organisierten Bereitstellung von Regelleistung. «Wenn wir die Solarkraft ausbauen und gleichzeitig konventionelle Kraftwerke vom Netz nehmen, müssen die Umrichter einen Beitrag leisten, damit das Netz im Fall von Störungen weiterhin ins Gleichgewicht zurückfindet», sagt Dr. Alexander Fuchs, Wissenschaftler an der Forschungsstelle Energienetze der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ).

Das ist möglich, weil moderne Umrichter in der Lage sind, rotierende Masse nachzubilden, wenn sie netzunterstützend betrieben werden. Das gilt für Umrichter von Solaranlagen, Batteriespeichern und Elektroauto-Ladestationen, aber auch für die Umrichter, wie sie in Windkraftanlagen eingesetzt werden, um den Strom der unterschiedlich schnell rotierenden Generatoren mit passender Frequenz ins Wechselstromnetz einspeisen zu können. Werden die Umrichter über eine geeignete Software intelligent gesteuert, leisten sie einen Beitrag zur Netzstabilität, so wie es die Generatoren von traditionellen Kraftwerken tun.

Netzunterstützende Umrichter
Alexander Fuchs hat zusammen mit einem Forscherteam untersucht, wie die Netzstabilität auch bei einem starken Umbau der Energieversorgung in Richtung Solar- und Windenergie sichergestellt werden kann. Beteiligt war ein Wissenschaftler von Hitachi Energy Research, früher Teil von ABB Corporate Research. In ihrer Untersuchung verwendeten die Forscher Computersimulationen, die das dynamische Verhalten von Stromnetzen beschreiben.

Das Projekt wurde vom BFE finanziell unterstützt. Um die Netzstabilität zu gewährleisten, müssen nicht alle neu im Stromnetz verbauten Umrichter netzunterstützend betrieben werden. Es genügt, wenn das bei einem Teil der Fall ist. Das Forschungsteam von ETHZ und Hitachi Energy Research hat in seiner Untersuchung abgeschätzt, welcher Anteil der Umrichter netzunterstützend betrieben werden muss, damit sich die Netzstabilität im Zuge des Umbaus des Energiesystems nicht verschlechtert. Fazit: Wird in der Schweiz Kraftwerksleistung aus Generatoren durch Photovoltaik- Anlagen ersetzt, müssten rund zehn Prozent der neuen PV-Anlagen netzunterstützend betrieben werden, damit die Netzstabilität nicht leidet.

Zehn Prozent der Umrichter müssen netzunterstützend sein
Das Forschungsteam aus ETHZ und Hitachi Energy Research hat durchgerechnet, welche Folgen es hat, wenn der Strom in Solar- und Windkraftwerken unter Einsatz von Umrichtern produziert wird. Sie nutzten ein vereinfachtes Modell des europäischen Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E). In diesem Modell besteht die europäische Stromversorgung aus rund 1000 über den Kontinent hinweg verteilten Generatoren (120 GW Leistung), die 12'000 Verteilnetze und andere grosse Verbraucher versorgen.

Das Forschungsteam betrachtete einen Störfall, der sich im Jahr 2006 tatsächlich ereignet hat. Damals zerfiel das kontinentale Stromnetz in drei Teile mit unterschiedlichen Frequenzen: Westund Nordeuropa sowie die Länder Osteuropas. Aufgrund des resultierenden Ungleichgewichts zwischen Produktion und Bezug kam es zu markanten Abweichungen von der Sollfrequenz (50 Hz): In der Simulation erreichte die Frequenzspitze in Westeuropa knapp 50.4 Hz (hoher Stromüberschuss), in Nordeuropa knapp 50.1 Hz (geringer Stromüberschuss), während sie in Osteuropa auf ca. 49.85 Hz sank (Strommangel). Der stabilisierenden Funktion der 1000 Generatoren war es zu verdanken, dass die Frequenzabweichungen nicht noch deutlich höher waren und es zu einem Blackout kam.

Die ETH-Forscher wollten nun wissen, was geschehen wäre, wenn damals 30 bzw. sogar 60 Prozent der Generatoren gefehlt hätten. In diesem Fall wäre in Westeuropa die Netzfrequenz auf 50.6 Hz (30 Prozent weniger Generatoren) bzw. sogar über 51 Hz (60 Prozent weniger Generatoren) hochgeschnellt. Um diesem massiven Netzungleichgewicht entgegenzuwirken, rüsteten die Forscher in der Simulation einen Teil der Umrichter aus Solar- und Windkraftwerken mit einer netzunterstützenden Steuerung aus. Je mehr Umrichter netzunterstützend betrieben werden, desto geringer werden die Frequenzausschläge. Werden rund zehn Prozent der in Westeuropa neu installierten Umrichter von Solar- und Windanlagen netzunterstützend betrieben, können die Frequenzabweichungen auf jenes Mass begrenzt werden, als wären 1000 Generatoren im Einsatz.

Überträgt man diese Erkenntnis auf die Schweizer Stromversorgung, bedeutet das: Will man den Beitrag, den die Schweizer Kernkraftwerke (3 GW Leistung) über die darin verbauten Generatoren zur Netzstabilität leisten, durch netzunterstützende Umrichter erreichen, müsste deren Leistung rund 300 MW betragen. Das ist rund ein Zehntel der in der Schweiz aktuell (Ende 2020) installierten PV-Leistung.

Batterien stehen im Vordergrund
Netzunterstützende Umrichter haben somit ein grosses Potenzial, einen Beitrag zur Netzstabilität leisten zu können. Wie sie das in einem künftigen Energiesystem tun werden, bleibt mit der jüngsten Untersuchung offen. So ist es zwar möglich, einen Umrichter aus einer PV-Anlage netzunterstützend zu betreiben, allerdings ist das wenig sinnvoll, weil eine PV-Anlage das Netz nur unterstützen kann, wenn sie Strom produziert, die netzunterstützende Funktion aber rund um die Uhr benötigt wird. «Wir gehen davon aus, dass in der praktischen Umsetzung die Funktion der Netzunterstützung künftig hauptsächlich durch Batterien übernommen wird. Das ist aus heutiger Sicht die einzige praktikable Lösung, weil nur so die Netzunterstützung rund um die Uhr abgerufen werden kann», sagt Alexander Fuchs. «Am einfachsten wäre wohl, die Batterien für die Netzunterstützung zu ertüchtigen, die von Hausbesitzern mit PVAnlage ohnehin eingebaut werden.»

Um den Weg zu solchen Lösungen zu ebnen, möchten die ETH-Wissenschaftler verschiedene Umsetzungsvarianten der Netzunterstützung untersuchen, einschliesslich deren Integration in unterschiedliche Verteilnetztypen (z. B. städtische Netze, ländliche Netze, industrielle Netze). An den Mehrkosten sollten die neuen Lösungen kaum scheitern, vermuten die Wissenschaftler: «Werden Umrichter der neusten Generation eingesetzt, ist im Prinzip nur ein Software-Update nötig, um diese netzunterstützend betreiben zu können.»

Autor: Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)
Bildquellen: von oben nach unten: Swissgrid, Swissgrid, B.Vogel
Artikel aus der STZ: Ausgabe Juni 2022

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