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Swiss Engineering stärkt, fördert und vernetzt
Swiss Engineering STV ist der bedeutendste Berufsverband der Ingenieur:innen
und Architekt:innen der Schweiz, mit über 11‘000 Mitgliedern aller Fachrichtungen,
Branchen, Tätigkeitsbereichen und Führungsstufen.
Swiss Engineering...
…stärkt das Profil und das Image der technischen Berufe und unterstützt junge
und erfahrene Ingenieur:innen und Architekt:innen in ihrer Laufbahn.
…fördert die Bildung dank dem weitreichenden Netzwerk, mit starker Stimme in
Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
…vernetzt die Ingenieur:innen und Architekt:innen und bietet technische und
praktische Informationen und Austauschplattformen.
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Der Wettlauf zum nützlichen Quantencomputer
STZ, März 2021 - Unternehmen und Forschungseinrichtungen in der ganzen Welt liefern sich einen Wettlauf um den ersten brauchbaren Quantencomputer. Wie weit genau es noch zum Ziel ist, weiss niemand. Bis das Rennen entschieden ist, könnte es noch Jahrzehnte dauern – oder auch nur ein paar Jahre.«Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit.» Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, den der amerikanische Astronaut Neil Armstrong sprach, als er am 21. Juli 1969 als erster Mensch den Mond betrat. Die USA hatten den Wettlauf zum Erdtrabanten gewonnen. Ein gigantischer Prestigeerfolg inmitten des Kalten Kriegs – wenn auch damals niemand so recht wusste, wofür ein solcher Ausflug zum Mond eigentlich gut sein soll. Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Mondlandung und mehr als 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Kriegs, liefern sich Wissenschafter, Ingenieure und Informatiker einen anderen Wettbewerb, in dem es durchaus Parallelen zu beobachten gibt: den Wettlauf um den ersten universellen Quantencomputer.
Quantenüberlegenheit – erst bei Google, dann in China
Eine Nasenlänge voraus scheint – zumindest bei vordergründiger Betrachtung – in diesem Wettlauf derzeit China zu sein: Forscher der University of Science and Technology of China berichteten in der Dezemberausgabe 2020 des Fachmagazins «Science», ihnen sei es gelungen, mit ihrem Quantencomputer «Jiuzhang », eine Rechenaufgabe zu lösen, für die der aktuell schnellste klassische Supercomputer «Fugaku» rund 600 Millionen Jahre benötigen würde. Stimmt diese Aussage, hätten die Chinesen damit «Quantenüberlegenheit» demonstriert. Es gibt keine allgemeingültige Definition, was genau unter Quantenüberlegenheit zu verstehen ist, die vorherrschende Sichtweise ist jedoch, dass «Quantum Supremacy» dann gegeben ist, wenn ein Quantencomputer ein Problem innerhalb akzeptabler Zeit lösen kann, für das ein konventioneller Supercomputer schlichtweg viel zu lange rechnen müsste. Dieses Problem kann eigens für die Demonstration der Quantenüberlegenheit erfunden und auf die Fähigkeiten des Quantencomputers zugeschnitten sein. Eine praktische Relevanz muss es nicht haben. Und genau so eine Aufgabe löste der chinesische Computer, nämlich das sogenannte Gausssche Bosonen-Sampling, bei dem Verteilung und Zustand von verschränkten Photonennach dem Durchlaufen eines optischen Netzwerks kalkuliert werden müssen. Das ist das Einzige, was «Jiuzhang» kann. Aber das kann er angeblich rund 10 Milliarden Mal schneller als der 54-Qubit-Prozessor «Sycamore», mit dem Google 2019 erstmals Quantenüberlegenheit für sich reklamiert hatte. Google-Forscher hatten mitgeteilt, «Sycamore» könne in rund 200 Sekunden eine Spezialaufgabe lösen, für die der zu diesem Zeitpunkt schnellste Computer der Welt «Summit» von IBM etwa 10'000 Jahre bräuchte. «Sycamore» basiert auf einer völlig anderen Architektur als «Jiuzhang». Während der chinesische Computer 76 Photonen als Qubits verwendet, besteht «Sycamore» aus supraleitenden Schaltkreisen – eine Technologie, auf die neben Google auch IBM und Intel setzen. Andere Unternehmen, beispielsweise Honeywell und IonQ, haben alternative Quantencomputer- Architekturen entwickelt, die auf gefangenen Ionen basieren. Und Silicon Quantum Computing in Australien setzt auf Spin-Qubits auf Siliziumbasis – eine Technologie, die auch in der Schweiz im Rahmen eines nationalen Forschungsschwerpunktes verfolgt und vom Schweizer Nationalfonds gefördert wird. Als Google 2019 die Quantenüberlegenheit für sich beanspruchte, gab es in der Community nicht nur Beifall: Bei IBM wollte man die Quantenüberlegenheit des Rivalen nicht auf sich sitzen lassen und rechnete nach: Die Aufgabe könne von klassischen Systemen, wie dem «Summit» sehr wohl gelöst werden, und zwar in rund zweieinhalb Tagen, teilte «Big Blue» mit.
Abstruse mathematische Probleme ohne praktischen Nutzen
Tommaso Calarco, der am deutschen Forschungszentrum Jülich an Quantencomputern forscht, zollte dagegen Beifall: «Google ist damit ein Meisterstück gelungen», erklärte er im Interview mit dem «Spiegel», relativierte den Erfolg aber auch gleichzeitig: Der übermächtige Computer sei nur für Wissenschafter interessant, so Calarco weiter. Er habe eigens zu diesem Zweck konstruiertes «völlig abstruses mathematisches Problemohne praktischen Nutzen» gelöst. Mit ihm werde man weder Codes knacken noch andere nützliche Probleme lösen können. Dafür reiche ein Chip wie der «Sycamore» mit seinen 54 Quantenbits nicht aus, für einen universellen Quantencomputer brauche man Tausende oder gar Hunderttausende hochwertiger Qubits. Skalierbarkeit und Qualität der Quantenbits sind die grossen Herausforderungen auf dem Weg zum «nützlichen» Quantencomputer. Zumindest darin sind sich die Experten einig. Googles CEO Sundar Pichai räumte in einem Blogbeitrag ein, dass es «noch viele Jahre dauern wird, bis wir eine breitere Palette von realen Anwendungen implementieren können». Und auch Tommaso Calarco schätzt die Zeit auf 10 bis 20 Jahre.
Roadmap für Quantenhardware
Bei IBM gibt man sich optimistischer. Der Think-Tank des IT-Giganten, IBM Research, hat im vergangenen Herbst eine konkrete Roadmap für die Entwicklung leistungsfähigerer Quantenhardware vorgelegt. Der derzeit stärkste IBM-Quantenchip «Hummingbird » verfügt über 65 Qubits. Ende 2022 will man mit dem «Osprey» bereits zwei Generationen weiter sein. Er soll dann über 433 Qubits verfügen, sein Nachfolger «Condor» sogar 1121. Gleichzeitig arbeiten die IBMForscher daran, die Qualität der – noch fehlerbehafteten – Qubits zu verbessern oder diese Fehler zumindest herausrechnen zu können. Dann wäre der Weg frei, für einen ersten nützlichen Quantencomputer.
Autor: Hendrik Thielemann
Bildquelle: IBM Research
Artikel aus der STZ: Ausgabe März 2021
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