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Energieversorgung 2050 – eine Frage des Engineerings?
STZ, März 2023 - Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie – so lautet das siebte Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen. Auch beim diesjährigen UNESCO-Weltingenieurtag am 4.März stand dieses Thema im Fokus. Darüber, welche Rolle das Engineering dabei spielt, spricht Christian Schaffner, Direktor Energy Science Center ETH Zürich im Interview mit der Verbandsredaktion.Persönlich nutze er die Elektromobilität oder den Zug, so Christian Schaffner. Privat habe er beim Austausch einer Gasheizung durch eine Erdsonde-Wärmepumpe spannende Erfahrungen gemacht. Beispielsweise die Wartezeit von einem Jahr, weil die Firmen so viele Anfragen hätten. Für ihn wichtig ist, dass die Gesellschaft die Notwendigkeit des Handelns erkennt und die politischen Rahmenbedingungen gesetzt sind.
Christian Schaffner, werden wir die gesteckten Ziele für die Energieversorgung im Jahr 2050 erreichen?
Eine klimaneutrale Energieversorgung ist technisch und ökonomisch möglich und sinnvoll. Bereits mit der heutigen Technologie sind die Energieziele erreichbar. Die Herausforderung liegt eher darin, die heutige Technologie geschickt einzusetzen. Unsere Szenarien basieren auf einem massiven Ausbau der Photovoltaik, mit zunehmender Elektrifizierung sowohl im Gebäude- wie im Mobilitätssektor. Aus wissenschaftlicher Sicht sind dies die Grundvoraussetzungen für eine künftige Energieversorgung. Das hört sich im ersten Moment sehr einfach an, die Um- und Durchsetzung im Detail hingegen, ist eine echte Herausforderung.
Ist dies eine Frage des Engineerings?
Das Engineering leistet beispielsweise bei der Umstellung zur Elektromobilität des gesamten fossilbetriebenen Fahrzeugparks einen wichtigen Beitrag. Laden alle ihre Autos jedoch gleichzeitig, ist unser Stromsystem weit überfordert. An einem Zeitpunkt genügender Stromverfügbarkeit – bei hoher Sonneneinstrahlung beispielsweise – ist eine Ladung nicht nur technisch möglich, auch ökonomisch sinnvoll. Und da kommt das Engineering wiederum ins Spiel: für die Koordination und die Technologien intelligenter Steuerung der Stromnetze. Im Bereich der Wärmeenergie gibt es den Ansatz mit Wärmepumpen. Aber auch hier braucht es die Steuerung, wie bei der Elektromobilität. Die einzelnen Energiequellen müssen künftig in einem Gesamtsystem funktionieren und gesteuert werden.
Also doch eine Frage des Engineerings? Oder auch der Politik oder der Gesellschaft?
Nicht nur. Von der technischen Seite her, ist es bereits heute möglich, die Energieziele zu erreichen. Es braucht allerdings auch die politischen Rahmenbedingungen. Einige Regularien wurden und werden weiter angepasst, die in die Energie-Zielrichtung führen. Dies braucht nur seine Zeit.
Was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Ansatz?
Wahrscheinlich könnte man es so zusammenfassen, dass man die Strategie ernst nimmt. Ob sie nun richtig ist oder in eine andere Richtung gehen soll, sei dahingestellt. Wir brauchen innerhalb der nächsten zehn Jahre einen raschen Zubau im Inland. Möglichkeiten gibt es genug. Ob über Subventionen, über regulatorische Rahmenbedingungen oder über die Beseitigung von Hürden: Diese Herausforderung liegt bei der Politik.
Welche Energiequelle muss die Schweiz vorantreiben?
Sicher muss die Elektrifizierung vorangetrieben werden, aber auch der Ausbau der Photovoltaik- Anlagen. Beispielsweise an erlaubten Freiflächen und am Rande von Autobahnen. Ein Technologie-Mix von Wind und Photovoltaik wäre ideal, da dies gut zusammen funktioniert. Wind kann verstärkt im Winter für die Produktion genutzt werden, die Sonne eher im Sommer. Im Wärmebereich wurde der Ersatz von Gas- und Ölheizungen durch Wärmepumpen angestossen. Weiterführend gibt es gute Beispiele, wie die Stadt Luzern, die bei der Umstellung einer fossilen Öl- oder Erdgas-Heizung auf elektrische Heizung einen Anschluss an das Wärmenetz ermöglicht. Dabei wird die Wärme aus dem See und von der Abwärme aus der Kehrrichtverbrennung oder industriellen Anlagen gewonnen und genutzt. Dieses Konzept soll auch die Stadt Zürich übernehmen. Darüber hinaus sind saisonale Speicher notwendig. An der ETH Hönggerberg kommen schon saisonale Wärmespeicher zum Einsatz.
Wo ist die Schweiz stark?
Zurückblickend hat die Schweiz insbesondere in der Zeit direkt nach der Erdölkrise eine Vorreiterrolle gespielt. Beispielsweise im Bausektor, mit den effizienten Fenstern und Dämmungen, dem Recycling respektive der Abfallentsorgung und -verbrennung oder der Wasserkraft. Wir haben in der Schweiz ein enormes Potenzial. Denken wir an die Finanzstärke, an unsere Fachleute, das Hoch- und Fachhochschul-Netzwerk oder unsere innovative Industrie. Dazu kommt die kleine geografische Ausdehnung: Die Schweiz stellt ein ideales Testgebiet dar, um aufzuzeigen, wie es global funktionieren kann.
Wo genau könnte sich die Schweiz profilieren?
Ich denke an die Systemintegration. In den einzelnen Technologien der Photovoltaik, Wind und Wasserkraft sind andere Länder bereits viel weiter und haben mit ihrer Grösse ein höheres Potenzial. Wo wir eine Vorreiterrolle einnehmen können, ist in der Koordination und den Technologien intelligenter Steuerung des gesamten Energiesystems, zum Beispiel in sogenannten Smart-Grids. Da gibt es noch zu wenig gute Lösungen. Die Herausforderung ist gross und erfordert nicht nur technisches Know-how, auch politische und regulatorische Massnahmen.
Welche Forschungsprojekte hierzu gibt es zurzeit oder sind geplant?
Wir arbeiten derzeit an einer Vielzahl von Forschungsprojekten, die sich dieser Themen annehmen. Beispielsweise wurde dieses Jahr das Projekt Speed2Zero lanciert, bei welchem wir ansehen, was konkret getan werden muss, um eine Schweiz mit Netto-Null-Klimagasemissionen zu ermöglichen. Dort schauen wir uns insbesondere an, welche Wechselwirkungen zwischen der Klimaerwärmung und dem Energiesystem bestehen und wie diese modelliert werden können. So geht es unter anderem um die veränderten Niederschlagsmengen und -muster, um die Kühlung von thermischen Kraftwerken und darum, wie das Energiesystem unter extremen Bedingungen funktionieren kann.
Energieversorgung 2050 – oder eine Frage der Politik oder des Konsums?
Diese Frage diskutierten hochkarätige Gäste an der Podiumsdiskussion des Netzwerkevents Engineers‘ Day am 1. Februar im Kursaal Bern. Unbestritten ist der enorme Beitrag der Ingenieurinnen und Ingenieure, die bedeutende Innovationen hervorbringen. Technologien wie Solar- und Windenergie, Energiespeichersysteme und neue Treibstoffe sind in der breiten Öffentlichkeit längst ein Begriff und werden diskutiert. An innovativen Lösungen zur Umsetzung der Energiewende fehlt es nicht. Vier Start-ups präsentierten den rund 300 Gästen des Netzwerkevents ihre Konzepte. Darunter Sympheny, Beyond Scroll, Cleveron und TreaTech. Die grösste Herausforderung sei die Zusammenarbeit aller Parteien, die gemeistert werden muss, so das Fazit der Podiumsdiskussion. Ständerätin Lisa Mazzone gestand ein, dass die Politik früher konkrete Rahmenbedingungen setzen und von Anfang an auch an die Bildung und Forschung hätte gedacht werden sollen. Diese Rahmenbedingungen fehlten und tun es immer noch, laut Robert Itschner (BKW): «Viele Technologien und Ideen sind vorhanden und umsetzungsbereit, doch das langjährige Warten auf Bewilligungen birgt die Gefahr, dass manche Innovationen obsolet sind, bevor sie umgesetzt werden können.» Es müsse eine Balance zwischen Mitsprache und der schnellen Umsetzung geben. Auch sei notwendig, die Akzeptanz für neue Ideen in der Gesellschaft zu schaffen, vor allem das Bewusstsein für den tatsächlichen Wert von Energie zu steigern, so Itschner weiter. Zu den Fragen der Energiewende haben Stellung bezogen die Podiumsgäste Antje Kanngiesser, CEO Alpiq Holding, Robert Itschner, CEO BKW, Christian Schaffner, Direktor Energy Science Center ETH Zürich, und Lisa Mazzone, Ständerätin (GE).
Autorin: Uschi Roth im Interview mit Christian Schaffner
Bildquellen: Engineers' Day
Artikel aus der STZ: Ausgabe März 2023
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