WI-Award: Umsetzbarkeit und Praxisbezug werden honoriert
STZ, Mai 2023 - Was kostet es ein KMU seine Ware den Kunden zuzustellen? Wie lässt sich die Mobilität in den Ballungszentren verbessern? Antworten auf diese Fragen geben die beiden Abschlussarbeiten, die von der Vereinigung Wirtschaftsingenieure Schweiz dieses Jahr mit dem Award ausgezeichnet wurden.Ein Lager mit mehreren 100’000 Pneus in mehr als 10'000 verschiedenen Ausführungen, vom Reifen für den Gokart bis zu Reifen für Bagger, die in Steinbrüchen eingesetzt werden: das war die Ausgangslage für die Arbeit von Alexander Zingrich. Für das KMU mit dem Pneu-Lager analysierte und optimierte er die Prozesse mit Data Science, System Engineering und Python-Implementierung. Ausserdem lagen die Speditions-Daten vor allem in Papierform vor. Für die Bachelor-Abschlussarbeit erstellte Zingrich selbst eine Software, um die Entfernung zum Kunden zu erheben und so die Transportkosten zu errechnen. Dies über Google zu eruieren, war aufgrund des Datenschutzes gegenüber den Kunden nicht möglich. Weil die vorhandenen Daten vorab in pdf-Dateien vorlagen, erstellte Zingrich auch ein Programm, um die Daten nutzbar zu machen. «Als die Kilometer- und die pdf-Auswertung endlich funktionierte, war das ein tolles Gefühl», erinnert er sich an der Verleihung des WI-Award. «Schön ist auch, einem Mittelständler zu helfen. Man arbeitet immer mit denselben Personen zusammen und sieht sogleich, was geschieht.» Der grösste Lerneffekt während der Arbeit sei gewesen, den Wert der Digitalisierung den Mitarbeitenden aufzuzeigen und sie von der Anwendung zu überzeugen. Für Alexander Zingrich, der bereits während des Studiums als IT-Consultant in seinem eigenen Unternehmen gearbeitet hat, ist es ein befriedigendes Gefühl, dass der von ihm entwickelte Prototyp beim Pneu-Händler eingesetzt wird. Umso mehr, als diese Arbeit nun vom Gewinn des WI-Awards gekrönt wird.
Jedes Jahr zeichnet die Vereinigung Wirtschaftsingenieure Schweiz (VWI) die beste Bachelor- und die beste Masterarbeit schweizweit aus, diesmal zum 14. Mal und zum ersten Mal an der Berner Fachhochschule in Biel. Elf Arbeiten wurden dieses Jahr von den Partnerschulen der VWI eingereicht und von der Jury unter die Lupe genommen. Kriterien zur Beurteilung der Arbeiten sind die wirtschaftliche Umsetzbarkeit, Nachhaltigkeit, der Praxisbezug, aber auch die Herangehensweise an eine Problemstellung und die Darstellung. Die drei besten Bachelor- und die drei besten Master-Arbeiten präsentierten die Verfasser an der Verleihung des Awards. «Bei Alexander Zingrich gab die Einfachheit und Klarheit der Aufgabenstellung und des Lösungsweges, der Praxisbezug und die Einführung der Digitalisierung in einem KMU den Ausschlag für die Beurteilung als beste Bachelorarbeit», gibt Daniel Büchel, Vizepräsident der Vereinigung Wirtschaftsingenieure Schweiz Auskunft. «Mit der Honorierung der besten Arbeiten der Wirtschaftsingenieure wollen wir die Qualität der breit gefächerten und auf dem Arbeitsmarkt gefragten Ausbildung anerkennen und fördern», begründet er die Aktivität der VWI.
Die zweite Abschlussarbeit, diejenige des berufsbegleitenden Masterlehrgangs, sei aufgrund der gelungenen Umsetzung eines futuristischen Themas als Gewinnerarbeit auserkoren worden, erläutert Daniel Büchel. Diese Arbeit von Fabiano Ulmke setzt sich mit der zu wenig effizienten Mobilität in städtischen Ballungszentren auseinander und klärt die Nachfrage nach der Beförderung mit einer Drohne in der Art eines Air-Taxis. Mit einer App soll dann ein Flug gebucht werden können, wenn er benötigt wird. Die Technologie für entsprechende Drohnen ist vorhanden, die Bodeninfrastruktur mit Landeplätzen und die Aspekte des Managements fehlten bislang. Ulmke, der sich als Aviatik-Fan bezeichnet, konzentrierte sich in seiner Arbeit auf die Entwicklung eines Algorithmus, mit dem die Nachfrage nach Flug-Taxis eruiert werden konnte. «Weil in diesem Bereich noch keine Daten existieren, musste ich alles von Grund auf entwickeln», erklärt Ulmke. Umsetzungsfähig sei das Projekt noch nicht, denn es fehlen die Daten für den Drohnen-Unterhalt und die praktischen Tests. Doch die Basis für ein Projekt der Zukunft ist mit seiner Arbeit gelegt.
Autorin: Charlotte Pauk
Bildquelle: zVg
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